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Vereidigte*r Dolmetscher*in

  • Autorenbild: Lisa Wegmann
    Lisa Wegmann
  • 15. Juli 2024
  • 3 Min. Lesezeit


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Letzten Freitag um 9:00 wurde ich im Amtsgericht Almelo vereidigt.

Für mich ein sehr wichtiger Schritt in die Richtung der Arbeit, die ich so gerne mache. Aber was ist ein*e vereidigte*r Dolmetscher*in eigentlich? Und was ist der Unterschied zwischen vereidigten und nicht-vereidigten Dolmetschern?

 

Ja, Was ist ein*e vereidigte*r Dolmetscher*in?

Im Grunde genommen nichts weiter als ein*e Dolmetscher*in, der/die in einem Gericht versprochen oder geschworen hat sich an den Verhaltenskodex der Dolmetscher*innen zu halten, der als Anhang des Gesetzes der vereidigten Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen (Wet beëdigde tolken en vertalers – Wbtv) im Niederländischen Recht verankert ist.Dieser Verhaltenskodex wird mit den folgenden Worten eigeleitet:

 

Ich, der*die Dolmetscher*in, akzeptiere, dass ich beim Ausüben meines Berufes immer nach bestem Wissen und Gewissen den mir bestmöglichen Dienst leiste. Dabei halte ich mich an diese fünf zentralen Werte:

A. Integrität, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit

B. Vertraulichkeit/Geheimhaltung

C. Vollständigkeit

D. Transparenz

E. Professionalität

(Den gesamten Verhaltenskodex können Sie im niederländischen Original hier finden https://zoek.officielebekendmakingen.nl/stcrt-2024-176.pdf)

 



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Dieser Kodex zielt vor allem auf korrektes und integres Verhalten während der Arbeit ab. Man verspricht alles zu dolmetschen, was gesagt wird, man verspricht darauf hinzuweisen, wenn eine oder beide der gesprochenen Sprachen sich nicht mit den eigenen Arbeitssprachen decken, man verspricht darauf hinzuweisen, wenn spezielle Fachbegriffe oder Wörter in der einen Sprache nicht direkt oder präzise in die andere übersetzt werden können, man verspricht alle Anwesenden mit Respekt zu behandeln und alle Kulturen zu respektieren, man verspricht, die eigene Meinung für sich zu behalten, da man das Gespräch lediglich möglich macht und nicht daran teilnimmt. Dieses Verhalten findet sich auch im allgemeinen Berufskodex der Dolmetscher*innen. Ein*e vereidigte*r Dolmetscher*in hat “nur” auch vor einem Richter versprochen sich daran zu halten.

 

Der Hauptgrund, aus dem viele Dolmetscher*innen sich vereidigen lassen, ist der, dass es gewisse Behörden, Organisationen und Berufsgruppen gibt, die ausschließlich mit vereidigten Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) arbeiten dürfen. Die Vereidigung fungiert in dem Fall als eine Art Vergewisserung der Zuverlässigkeit und Unbescholtenheit des*der Dolmetschers*in (oder Übersetzers*in). Vor allem die Regierung legt gesteigerten Wert darauf, dass ihre Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) vereidigt sind. Immerhin werden bei Regierungseinrichtungen und -Behörden wichtige Entscheidungen getroffen. Beim Amt für Migration und Flüchtlinge (Einbürgerung), beim Niederländischen Zentralen Organ für Asylbewerberunterkünfte, in Justizvollzugsanstalten, bei Gericht, bei der Polizei, aber auch bei Anwälten und Notaren muss man davon ausgehen können, dass das Gesagte genauso beim Gegenüber ankommt, wie es gesagt und gemeint ist. Ein*e vereidigte*r Dolmetscher*in (oder Übersetzer*in) verspricht vor einem Richter genau das zu tun. Er*Sie verspricht sich and en Verhaltenskodex des Wbtv zu halten und seine*ihre Arbeit geflissentlich auszuführen.

 

Wer also bei Gericht, Anwälten, Notaren, in Gefängnissen oder für die Flüchtlingshilfe oder Polizei dolmetschen (oder übersetzen) will, muss vereidigt sein. Und darum entscheiden sich viele Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) dazu.

 

Was ist der Unterschied zu nicht-vereidigten Dolmetscher*innen (oder Übersetzer*innen)?

Im Prinzip gibt es kaum einen Unterschied. Man wird auf Grund des Diploms Dolmetschen (oder Übersetzen) oder auf Grund von nachweisbarer relevanter Arbeitserfahrung vereidigt. Es ist demnach nicht notwendig irgendwelchen Extra-Schulungen oder Kurse zu belegen und abzuschließen. Der größte Unterschied zwischen vereidigten Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) und ihren nicht-vereidigten Pendants sind das Klientel und die Arbeitsfelder. Wer zum Beispiel Romane oder andere Literatur übersetzt, muss nicht zwangsläufig vereidigt sein. Das ist nicht notwenidig für Literaturübersetzungen. Der*Die Übersetzer*in ist vermutlich trotzdem ein absolutes Ass, ansonsten hätte es so einen großen Auftrag ja nicht gegeben – aber die Vereidigung ist nicht notwendig.

 

Es gibt Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen), die sich für die Vereidigung entscheiden um potentielle Kunden von ihrem Können zu überzeugen. Wer vereidigt ist, hat eine offizielle Identifikationsnummer und steht in einem Register, wer vereidigt ist, genießt das Vertrauen der Regierung, dann kann diese Person auch meinen Auftrag zufriedenstellend erledigen.

 

Wie findet man vereidigte Dolmetscher*innen (oder Übersetzer*innen)?

Auf der Website des Bureau Wbtv gibt es eine Suchfunktion (https://zoekeentolkvertaler.bureauwbtv.nl/ ). Hier kann über den Knopf Zoek een tolk of vertaler im Register nach Nachnamen, Sprachkombinationen oder Wbtv-Nummern gesucht werden. Jede*r vereidigte*r Dolmetscher*in (und Übersetzer*in) erhält nach der Vereidigung nämlich eine eigenen Registernummer, die auch als Beweis der Vereidigung genutzt wird.  

Auch deutsche Gericht vereidigen Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen), meistens gilt die Vereidigung per Bundesland, kann aber auch bundesweit gelten. In der Dolmetscher- und Übersetzerdatenbank (https://www.justiz-dolmetscher.de/Recherche/ ) können Sie über Wohnohrt, Namen oder Sprachkombinationen nach vereidigten Dolmetscher*innen und Übersetzer*innen suchen.

 

In den Niederlanden bleibt eine Vereidigung 5 Jahre lang gültig. Danach muss man erneut einen Antrag auf Vereidigung stellen, bei dem neben einem polizeilichen Führungszeugnis auch ein Beweis der Weiterbildung eingereicht werden muss. Innerhalb der 5 Jahre der Vereidigung müssen Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) durch Teilnahme an Seminaren und Kursen von anerkannten Einrichtungen sogenannte Permanente Educatie Punten (Andauernde-Bildungs-Punkte, oder Man-lernt-nie-aus-Punkte), kurz PE zusammen sammeln. Für die Wiedervereidigung müssen 80 PE Punkte nachgewiesen werden. Durch diese befristete Vereidigung gewährleistet der Gesetzgeber, dass alle vereidigten Dolmetscher*innen (und Übersetzer*innen) auf den neuesten Stand sind und ihre Arbeit gewissenhaft, präzise und gut ausführen können.

 

Seit letztem Freitag gehöre ich also auch zu dieser Gruppe von Punktesammlern. Ein weiterer Meilenstein über den ich mich sehr freue!


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